FERMENTSTARTER: WAS/WER STECKT DAHINTER?Ein Besuch auf der
Südback Fachmesse für das Bäckerhandwerk in Stuttgart bringt Details zur Herstellung und Mikrobiologie von Fermentstartern ans Licht.
Auf der Suche nach dem Fermentstarter sollte die Recherche eigentlich bei
Deffland beginnen … leider war das Unternehmen auf der Messe diesmal nicht vertreten … .
Also zum Stand von
Backnatur in Halle 1A48. Monika Lepold gibt kompetent Auskunft zu ihrem Fermentstarter „BackNatur Trockenferment aktiv“: Grundlage des Ferments sei eine spontane Gärung, die Inhaltsstoffe kommen aus biologischem Anbau. Thomas und Monika Lepold sind die Entwickler des Backferments, das Böcker nach ihren Vorgaben produziert - Böcker sei ein überaus kompetenter Partner. Die Angaben zu Aktivierung und Teigführung des Fermentstarters sind identisch zu denen von Deffland. Die offizielle Haltbarkeit des Produktes ist ebenfalls mit 6 Monaten angegeben. Sofern der Fermentstarter kühl und luftdicht gelagert wird, sei auch eine längere Haltbarkeit von 12 Monaten möglich ergänzt Monika Lepold. Die ersten Erkenntnisse sind gewonnen …
Also weiter zum Messe-Stand des Produzenten, der
Ernst Böcker GmbH & Co. KG, ein mittelständisches, 120 Mitarbeiter zählendes Unternehmen. Im Gespräch zum Fermentstarter wird sofort auf die Entwicklungspartnerschaft mit backnatur.de hingewiesen. Details zum Produktionsprozess werden angedeutet: Es werde auf der Basis von Teigen und einer großen Bandbreite enthaltener Mikroorganismen gearbeitet. Böcker bringe seine gesamte technologische Erfahrung mit ein, um die Leit-Kulturen des Sauerteiges derart zu steuern, dass die gewünschte Zusammensetzung und Eigenschaften des Fermentes erhalten bleiben. Dies sei das technologische und mikrobiologische „Know-how“ von Böcker. Je nach Spezifikation wird mit Bio oder auch Gluten freien Rohstoffen gearbeitet. Mehr wird nicht verraten … Betriebsgeheimnis …
Meine Neugier ist geweckt ... und ... ein Schachzug hilft: „Betriebsgeheimnisse“ werden immer dann offengelegt, wenn Produkte patentiert werden. Tatsächlich hat Böcker die zu Grunde liegenden Produktionsverfahren schützen lassen. Sie sind in Patent-Datenbanken für jedermann abrufbar. Als Produktionsverfahren für die „Einstufige Backwarenherstellung“ wird im
Patent "EP 2299833 B1" detailliert ausgeführt … „
Die vorliegende Erfindung betrifft die Zusammensetzung eines Triebferments zur verbesserten, beschleunigten und erleichterten, gleichzeitig aber qualitätsstabilen Herstellung von Sauerteigen“ …
BINGO, das Dokument gibt einen tiefen Einblick in Grundlagen und Technik der Sauerteigherstellung -
LESENSWERT!
Ein Blick in das Dokument zu zwei wichtigen Details: Auf Bäckerhefen wird bewusst verzichtet, sondern Sauerteighefen auf „Mehlbasis“ vermehrt.
Eine weitere Frage: Wie „spontan“ ist eine solche Gärung? Auch hierzu findet man Hinweise in der Patentschrift. Es wird versucht einer spontanen Versäuerung nahe zu kommen und einen Teig mit mehreren Leit-Kulturen aus einem Pool von Mikroorganismen zu beimpfen. Auszüge aus der Patentschrift:
„Obwohl eine Vielzahl von Milchsäurebakterien aus Sauerteigen isoliert wurde, finden sich trotzdem in einem Sauerteig in der Regel nicht mehr als 1 bis 4 unterschiedliche Stämme von Milchsäurebakterien und 1 bis 2 unterschiedliche Stämme von Hefen, die derselben oder unterschiedlich Arten angehören können. Ein Erklärungsmodell ist hierfür, dass die Mikroorganismen, die in der Lage sind sich schnell an sich verändernde Umgebungsbedingungen anpassen zu können, einen Wachstumsvorteil haben“„Das Triebferment enthält eine Mischung aus wenigstens zwei oder mehreren kultivierten Reinkulturen von Milchsäurebakterien“„Weiterhin enthält das Triebferment wenigstens einen kultivierten Stamm eines Hefesprosspilzes, … , wobei die besagten Hefesprosspilze zu keinem Zeitpunkt auf Melasse gezüchtet oder kultiviert wurden“Böcker gibt im Messegespräch an, das zahlreiche Kulturen im Fermentstarter enthalten sind. Das Patent gibt am Ende Beispiele zu möglichen Zusammensetzungen aus verschiedenen Kulturen für unterschiedliche Anwendungen.
Mein Fazit: Es ist bemerkenswert, wie viel Technologie in ein Bio-Produkt einfließt, um ein verträgliches, modernes Lebensmittel zu produzieren. Eine positive Initiative seitens Backnatur, Böcker und anderen Distributoren einen naturbelassenen Fermentstarter zu entwickeln und auf den Markt zu bringen.