Hallo zusammen,
ich möchte hier mal ein etwas ungewöhnliches Buch vorstellen, aus Japan. Schon lange bin ich angetan von dem japanischem Shokupan, hier eher bekannt als "Hokkaido Milk Bread", einer Taiwanesischen Abwandlung, die meiner Meinung nach das Shokupan, wie es in Japan vorkommt, nicht ganz trifft. Familiär bedingt bin ich öfters in Japan und klappere jedes mal verschiedenste Bäckereien ab, um dort dieses eher unauffällige, weiße Brot zu kaufen. Neben der ein oder anderen Enttäuschung treffe ich dabei häufiger auf absolute Highlights.
Ich denke um das Shokupan zu verstehen, muss man erst einmal die japanische Brotkultur verstehen, welche eine gänzlich andere ist als hier. Das beginnt schon damit, das Brot erst wesentlich später in Japan aufkam, als hier. Scheinbar brachten es die Portugiesen in das Land ein, daher auch der ausländische Name "Pan" für Brot, da man einfach kein eigenes Wort dafür hatte.
Und wie es in japan so üblich ist, trieb man die Dinge auf die Spitze bzw. zur Perfektion. Glaubt ihr nicht? Versucht mal hier so leckeren Baumkuchen zu finden, wie es ihn in Japan gibt...
Und bzgl. Perfektion, das Betrifft auch das Toasten dieses Toastbrotes. Das Ideal, außen eine dünne krosse Schicht und innen fluffig. Dazu gibt es von Mitsubishi ein extra Gerät: https://www.amazon.co.jp/-/en/Mitsubish ... LN9DD?th=1
In Japan wird, außer dem Shokupan, Brot nur selten selbst belegt. In Bäckereien findet man meist gefüllte Brote und Brötchen, entweder mit Käse, Schinken, oder ungewöhnlicheren Füllungen wie (japanischem) Curry, Grüntee-Milch-Créme oder traditionellen Dingen wie "Anko" (eine süße Rote Bohnen Paste). Aber auch das Shokupan gibt es fertig belegt bzw. überbacken, entweder in der Bäckerei, oder im Restaurant. Ein Trend der letzten Jahre war das sogenannte "Fruits-Sando" (Früchte Sandwich), ein kunstvoll mit Früchten belegtes Toastbrot, mit Sahnefüllung, welches so in der Mitte geschnitten wird, das einen der schöne Schnitt der Früchte anlacht. Und da wir in Japan sind, kommen da natürlich auch nur wirklich schön aussehende Früchte zum Einsatz. Versucht mal hier so leckere Erdbeeren wie Japan zu finden...
Aber auch deutsche und französische Fähnchen findet man manchmal in den Broten stecken, aber tatsächlich habe ich bisher kaum gutes deutsches Brot gefunden, meist war es zu trocken und erinnerte eher an Kamps… Zumindest eine kleine Bäckerei, ein Ein-Frau-Betrieb mit Verkauf im Eingangsbereich des Wohnhauses, konnte mich bisher richtig überzeugen, die Dame hatte ihre Ausbildung aber auch in Deutschland gemacht.
So, jetzt aber zurück zum Thema, dem Buch bzw. dem Toastbrot. Ich suche schon lange nach DEM Rezept für Zuhause. Zwar komme ich aus Düsseldorf und hätte hier zwei japanische Bäcker wo man das Brot kaufen könnte, aber die sind die beide im vergleich zu japan eher Mittelmaß und laut Feedback von bekannten schmeckt meine Fassung mittlerweile besser. Aber ich bin noch nicht zu frieden. Daher war ich mehr als froh, dieses Jahr in Japan das Buch "Ninki-ten no shokupan no gijutsu" (Herstellung von Broten beliebter Geschäfte) zu finden. Ein Buch, das sich eher an professionelle Bäcker richtet, mit 32€ auch nicht ganz günstig, aber mir hat es einen tiefen Einblick in die Rezeptvielfalt dieses Brotes gewährt. Das Buch enthält 31 Rezepte zu ganz unterschiedlichen Broten. Manche interpretiert es als Brioche, andere mit Spezialzutaten wie "Gabba" oder eben ganz klassisch. Die Rezepte enthalten nur Angaben in % und die Arbeitsschritte sind ganz klar auf den Ablauf einer Bäckerei ausgelegt. Es wird immer mit angegeben welche Teigmaschine genutzt wird und die Stücke werden immer im "Moulder", geformt, nicht per Hand.
Zu jedem Rezept gibt es einen begleitenden Text, was das Brot ausmacht. So gibt es z.B. ein Rezept das durch seine Simplizität der Zutaten hervorsticht. Die Begründung daneben lautet, dass das Brot eher Geschmacksträger für die Beilage und Aufstrich seien soll, als durch seinen eigenen Geschmack aufzufallen und man es daher eher auf das Kaugefühl hin optimiert hat.
Ein paar Rezepte habe ich schon nachgebacken und es kommen tatsächlich ganz gute Brote dabei heraus. Womit man etwas zu Kämpfen hat, sind die Mehle. Eine Typisierung wie hier gibt es nicht, die Mehle muss man von den schillernden Namen her erkennen, wie z.B. Violet, Super King, Haruyukata usw. Da hilft nur googeln und schauen das man hier etwas ähnliches findet bzgl. der Zusammensetzung, wobei das größte Problem der Aschegehalt der hiesigen Mehle ist. Dieser ist in japan nämlich EXTREM niedrig und würde man die Mehle hier typisieren, würde man wohl bei einem 330er landen, wenn es das den gäbe.
Ich kann zwar ein bisschen japanisch Sprechen, lesen ist aber so gar nicht mein Ding, das Buch lässt sich aber wirklich gut mit Übersetzung-Apps wie z.B. von google lesen.
Ich habe aus dem Buch auf jeden Fall ein paar gute Ideen mitgenommen. So ist z.B. das im Hokkaido Milk Bread vorkommende Kochstück in keinem einzigen Rezept enthalten, nur einmal ein Brüh- und einmal ein Quellstück. Wenige Rezepte nutzen einen Vorteig, manche eine kalte Gare und nur eines kommt mit einem “Levain Liquid”, also Sauerteig daher, wird aber kräftig durch Hefe ergänzt.
Durch das Buch bin ich auf Trehalose aufmerksam geworden, einem aus japan stammenden Zweifachzucker der im Brot hervorragend die Feuchtigkeit bindet und es länger frisch hält.
Wer sich, so wie ich, für das Shokupan interessiert, ist mit diesem Buch gut bedient, für alle anderen ist es wohl ein (interessantes) Kuriosum.
Viele Grüße
Jan