Re: Bäcker Süpke heute abend, 10.12.
von babsie » Fr 12. Dez 2014, 07:58
Der Film hat meine Meinung dazu eigentlich fundamentiert, es ist ein Zeichen unserer Zeit das 0815-Betriebe gegen Spezialisten/Spezialbetriebe keine Überlebenschance haben, wenn der Inhaber oder Verantwortliche seinen "Stiefel" einfach weitermacht. Wir sind von der Stadt vor 34 Jahren aufs Land gezogen, und dazu noch in ein anderes Bundesland. Es war und ist immer noch erschreckend wie träge und lernunwillig hier viele Geschäftsinhaber sind, auch im Bäckerhandwerk. Wenn sich da nichts tut brauche ich solche Schnarchnasen nicht wirklich (habe die Pedition, die Naddi eingestellt hat, aber auch unterschrieben).
Beispiel Bäckerhandwerk: wir hatten 3 Bäckerei am Ort (5000 Einwohner), einer kam aus Schlesien und hat die weltbesten Hörnchen, Salzstangen und Sternsemmeln gemacht. Naturgemäß ein alter Herr, der die Sternsemmeln noch selber handgeschlagen hat, und als er starb hat sein Sohn den Betrieb übernommen. Wegen dieser Semmeln und Salzstangen kamen die Kunden bis zu 10 km und gerade Samstag war die Schlange bis zu 5 m lang, war nur ein kleiner Verkaufsraum. Hauptumsatz waren die Brötchen und co, er hatte dann nur noch Brot, das nahm man halt gleich mit.
Der Sohn hat dann umgestellt und die Brötchen "modern" mit Backmischung und Maschinenformung gemacht, und nach 3 Monaten war der Betrieb pleite. Denn die Dinger gab es nicht nur noch bei ihm sondern überall, warum soll dann der Kunde so weit fahren? Die Schnarchnase hat weder erkannt was seine Haupteinnahmequelle war, hat seine Kundenstruktur trotz 15 Jahre im Betrieb weder gekannt noch kennenlernen wollen, und wollte unbedingt modern sein. Solche Unternehmer braucht das Land nicht.
Einen Vorteil hat die ganze Sache für mich, ich habe dann mit dem Brot/Brötchenbacken angefangen, immerhin ganze 3 Jahre gebraucht bis ich die Brötchen und Salzstangen so hinbekommen habe, aber jetzt sitzen sie. Parallel dazu habe ich das Forum entdeckt und viele Fehler ausmerzen können, die lange kalte Führung eingesetzt (die wir geschäftlich bei einigen Bäckern unterstützen) und bin auch der ST-Bäckerei nahegekommen. Hier hatte ein Discounter seine Filiale aufgegeben, der von einem großen Bäcker aus der Eifel ST-Brötchen angeboten hatte, die sich gut einfrieren und bestens auftoasten ließen. Bei den heutigen Tüten/Discounterbrötchen ist das nicht mehr der Fall. Es hat allerdings auch über ein Jahr gedauert bis diese Qualität erreicht war.
Aussichten
Während der Gewerbeausstellung waren auch die Backstuben der übrigen 2 Bäckereien geöffnet, und die habe ich natürlich auch besichtigt. Bei dem einen Tüten über Tüten (Prinz xyz-Brot ...), bei der anderen habe ich mal einen Vorteig nachgefragt. Antwort: dafür haben wir keine Zeit.
Die Überlebensaussichten solcher Betriebe mag jeder selbst einschätzen.
Lichtblick?
Es wurde aber wenigstens ein Brötchen mit Emmer als Aktionsware angeboten, allerdings auch aus der Tüte.