So habe ich das jedenfalls in den meisten Rezepten der Blogs "brotdoc" und "ploetzblog" gelesen sowie in den Büchern "Brotbackbuch Nr. 1" und "Wildbakers". Einzige Ausnahme bildet da das Buch "Brot Backen in Perfektion" mit dem Plötz-Prinzip à la No Knead Breads mit einer Hefmenge in der Größenordnung von 0.1% (bezogen auf die gesamte Mehlmenge) und langer Gare bei Zimmertemperatur, wobei da die Motivation meinem Verständnis nach eher ist, den Einstieg in das Hobby Brotbacken zu erleichtern.
Ich frage mich also: Wieso ist lange Gare bei Hefeteigen die Ausnahme? Man lernt doch, dass eine lange Gare nebst verbessertem Aroma und Geschmack zu einem bekömmlicheren Brot führt, vor allem bei Mehlen mit höherem Ausmahlungsgrad. Wenn aber nur der Vorteig lang geführt wird und somit rund 3/4 der Mehlmenge keine lange Gare durchäuft, ist dann sozusagen der Witz der besseren Bekömmlichkeit nicht größtenteils weg?
Im "Brotbackbuch Nr. 1" steht - zwar im Kontext von direkt geführten Teigen - zur langen Teigführung "Die lange Führung birgt allerdings das Risiko der Teigalterung" sowie als Tipp dazu "Die Teigalterung können Sie mit niedrigeren Hefemengen, leichter Säuerung, etwas niedrigerem Wassergehalt oder kühleren Temperaturen begegnen.".
Das liefert für meine Begriffe aber gerade wegen der o.g. Maßnamen noch keine ausreichende Begründung, in der Regel bis auf den Vorteig auf die lange Gare zu verzichten.
Frage / Idee: Ein Autolyseteig ruht in aller Regel 20-60 Minuten. Spricht etwas dagegen einen Nullteig deutlich länger, bspw. 12 Stunden oder noch länger (warm oder kalt?) ruhen zu lassen? Wenn sich bei No Knead Breads mit 0.1% Hefe und 24 Stunden Gare ordentliche Brote backen lassen, dann müsste das doch erst recht für einen Nullteig mit 12 Stunden Gare funktionieren bzw. zu weniger Nachteilen als mit 0.1% Hefe und 24 Stunden Gare führen?
Ideen für Varianten (Annahme: Weizenmehl, Vorteig mit 25% der gesamten Mehlmenge ohne Salz, Hauptteig mit 1% Hefe bezogen auf die gesamte Mehlmenge):
- Einen Nullteig ohne Salz mit 50% der gesamten Mehlmenge und langer Gare verwenden. Am Backtag mit den restlichen 25% Mehlanteil die 1% Hefe und das Salz in den Hauptteig bringen.
- Einen Nullteig ohne Salz mit 75% der gesamten Mehlmenge und langer Gare verwenden. Am Backtag die 1% Hefe und das Salz mit einer Salz-Hefe-Wasser-Mischung in den Hauptteig bringen. (vermutlich suboptimal)
- Einen Nullteig mit dem Salz mit 75% der gesamten Mehlmenge und langer Gare verwenden. Am Backtag die 1% Hefe mit einer Hefe-Wasser-Mischung in den Hauptteig bringen.
- Irgendwie anders die 1% Hefe am Backtag in den Hauptteig bringen?
Übrigens habe ich beim Versuch No Knead Breads mit 0.1% Hefe auf normales Kneten mit Knetmaschine "umzubauen" - sowohl direkt geführt als auch mit Vorteig - die Erfahrung gemacht, dass die Gärstabilität und die Gärkraft am Backtag leidet bzw. zumindest eine ziemlich fragile Angelegenheit ist, was mir auch einigermaßen logisch erscheint. Daher die Motivation am Backtag ca. 1% Hefe einzubringen, was üblich zu sein scheint.
Bin gespannt, was ihr zu meinen Gedanken sagt. Über Hinweise, wo ich mehr zu dem Thema lesen kann, freue mich natürlich auch. Sollte alles Quatsch sein, was ich geschrieben habe, käme ich auch damit klar; dann wüsste ich es wenigstens...
