Bei Profibäckern landet ein überreifer Teig höchst wahrscheinlich auch einmal auf dem Kompost. Aber die meisten von uns sind Amateure. Wenn uns etwas dazwischen kommt, muss der Teig warten. Doch was macht man jetzt mit so einem kläglich daliegenden Teig, der bim Stürzen aus dem Gärkorb den letzten Atemzug gemacht hat? Einfach wegschmeissen? Schade um all die guten Zutaten..
Eines ist gewiss: Es lohnt sich nicht, ihn wie geplant noch in den Ofen zu schieben. Was dabei raus kommt, ist das:
Es schmeckt nach etwas Säure und sonst nach nicht viel. Das Brot ist ein Dinkel-Honig-Brot das bei korrekter Führung ein hammermässiges Aroma mit sich bringt. Durch die Übergare geht das Meiste davon verloren. Vorallem aber, wird die Krume sehr kompakt und einfach nicht richtig gut.
Also hier meine Alternative. Es gibt bestimmt berechtigte Einwände gegen mein Verfahren, doch für mich als Hobbybäckerin ist es eine gute Lösung.
1. Den überreiften Teig zusammenschaben und in einem luftdicht schliessenden Gefäss in den Kühlschrank geben.
2. Es wird ein neuer Brotteig angesetzt, der in etwa so aussieht:
1000 g Mehl (bspw. Ruchmehl)
330 g überreifter Teig (ca. 1/3 der Mehlmenge)
670 g Wasser
10 g Hefe
22 g Salz
+ was ihr grad noch da habt. Etwas Altbrot in der doppelten Menge Wasser verquollen, einen TL Honig, etwas enzyminaktives Malz, Sauerteig, etc. Einfach alles, was ihr Euch als guten Geschmacksträger vorstellen könnt. Achtet darauf dass ihr ohne den alten Teig auf eine TA von ca. 167 kommt (oder bei Vollkornmehl ca. 172, bei Weissmehl eher 160-165).
Mein exaktes Rezept war:
Sauerteig
5 g ASG
90 g Roggenmehl (Type 1050)
90 g Wasser
(Ersatz für das Aromastück)
30 g Altbrot, gemahlen
60 g Wasser
10 g Honig oder enzyminaktives Backmalz
Hauptteig
185 g Sauerteig
100 g Aromastück oder obigen Ersatz
330 g alter oder überreifer Teig
1000 g Ruchmehl
650 g Wasser
12 g Hefe
25 g Salz
Sauerteig ansetzen und solange reifen lassen, wie es die Zeit erlaubt oder bis er reif ist. Das Aromastück auftauen. Falls kein Aromastück vorhanden ist, den Ersatz ebenfalls gleich ansetzen und in den Kühlschrank stellen.
Für den Hauptteig alle Zutaten ausser dem Salz drei Minuten mischen. Wenn man den alten Teig etwas in Fetzen reisst, geht das besser. Wird der alte Teig direkt aus dem Kühlschrank dazu gegeben, hat dies ausserdem noch einen guten Einfluss auf die Teigtemperatur, die bei den 30°C Aussentemperatur ohnehin schwer tief zu halten ist. Wenn der Teig gut vermischt ist, knetet man ihn ca. 4 Minuten, bis er etwas glatter wird. Anschliessend wird das Salz zugegeben und der Teig wird fertig geknetet.
Den Teig während 60-80 Minuten reifen lassen. Nach 40 Minuten einmal dehnen und falten.
Den Teig auf wenig Roggenmehl (oder auch anderes Mehl) rund schleifen und ca. 30-40 Minuten mit Schluss nach unten in einem Gärkorb reifen lassen.
Backen: Bei 250°C mit Schwaden anbacken. Nach 10 Minuten auf 220°C reduzieren und während 60 Minuten ausbacken. Wenn man vor dem Anschneiden etwas geduldiger ist als ich, dann gibt es auch keine Krumenröllchen.
Das Resultat ist ein sehr schmackhaftes Brot, das wunderbaren Ofentrieb und eine gut gelockerte Krume hat.