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Verständnisfragen

Hier kannst Du als Anfänger alles fragen, was zum Brotbacken gehört.

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Verständnisfragen

Beitragvon TheDailyBread » Do 10. Sep 2015, 12:59

Hallo,

nach nächtelangem Durchforsten von alten Threads sind bei mir zwei Fragen aufgekommen. :? :?
Ich fange mal an:

1. Wenn ich einem Brotteig ein Brüh-, Quell- oder Mehlkochstück hinzufüge, muss ich dann die Wassermenge im Teig reduzieren oder stellt man den Nullteig unabhängig davon her?
Verwende ich zum Beispiel ein Quellstück habe ich abhängig von der Zutat eine unterschiedliche Wasseraufnahmefähigkeit (z.B. Roggenschrot - 100 %, aber Weizenkleie 200 %).
Hätte ich nun vor, das Schrot gegen die Kleie zu tauschen, muss ich dann die Schüttflüssigkeit im Brotteig reduzieren? Oder ist das unrelevant weil das Wasser im Quellstück gebunden ist?

2. Gibt es einen Leitfaden bezüglich der Stock- und Stückgare wenn ich in einem Rezept die Hefemenge reduzieren möchte? Zum Beispiel halbe Hefemenge = doppelte Zeit bei Stock- und Stückgare?

So, hoffentlich versteht ich auch was ich meine :p
Ich danke euch jetzt schon für eure Hilfe!
TheDailyBread
 


Re: Verständnisfragen

Beitragvon OfenKante » Do 10. Sep 2015, 13:49

Ich habe jetzt keine wohlfundierten Antworten, aber die Fragen finde ich super. Wer immer antwortet hat also schon mindestens zwei dankbare Leser! :D
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Re: Verständnisfragen

Beitragvon Eigebroetli » Do 10. Sep 2015, 15:45

Na dann versuch ich mal mein Bestes :tc

TheDailyBread hat geschrieben:1. Wenn ich einem Brotteig ein Brüh-, Quell- oder Mehlkochstück hinzufüge, muss ich dann die Wassermenge im Teig reduzieren oder stellt man den Nullteig unabhängig davon her?

Der Sinn der Nullteige liegt in der Quellung des Getreides und damit in der Bindung von Wasser. Das heisst, man sollte so viel Wasser wie möglich, bereits gebunden zum Teig geben. Man kann auch problemlos alles Wasser in Vor- und Nullteigen binden und dann beim Hauptteig nur noch alles zusammenrühren und Mehl und Salz dazu geben. Für ein Brühstück nehme ich bspw. 50 g Mehl und mindestens 250 g Wasser. Es wäre aber falsch, zu denken, man könne einfach mehr Mehl in die Nullteige packen. Denn dann wird der Teig pappig. Die Teigausbeute berechnet sich jetzt aber ganz normal mit folgender Formel:

TA = Wasser / Getreideprodukte * 100 + 100

Die Idee dahinter ist, zu sehen, wie viel Wasser auf 100 g Mehl kommen. Natürlich wird dazu alles Wasser und Mehl in allen Vorteigen und dem Hauptteig für die Berechnung genommen.
Für deine erste Frage heisst das also: Ja, du musst die Wassermenge so reduzieren, dass Du dann insgesamt auf eine geeignete Teigausbeute kommst. Hier liegt aber der Hund begraben. Vollkornbrote backe ich i.d.R. mit einer TA zwischen 175 und 180, Ruchbrote ca. mit TA 170 aber auch mal Exzesse nahe an 190 (gibt dann sowas wie ein Knauzenteig). Leider hängt das sehr stark vom Mehl ab, wie viel Wasser wirklich aufgenommen werden kann. Deshalb kann ich euch hier nicht wirkliche Richtwerte geben. TA 160 sollte aber in jedem Fall drin liegen. Je dunkler die Mehle, desto mehr darf gewagt werden. Was auch gut funktioniert, ist den Teig mit TA 160 anzusetzen und während dem Kneten schluckweise Wasser dazuzugeben. Ausser man knetet von Hand. Dann gibt das eine ziemliche Batzete.. Falls Euch ein Teig zu flüssig gerät, kann geröstetes Altbrot helfen. Einfach EL-weise zum Teig dazu geben. Falls auch das nichts nützt, muss das Brot halt in einer Form gebacken werden.

Mit Kleie kenne ich mich leider gar nicht aus.

TheDailyBread hat geschrieben:2. Gibt es einen Leitfaden bezüglich der Stock- und Stückgare wenn ich in einem Rezept die Hefemenge reduzieren möchte? Zum Beispiel halbe Hefemenge = doppelte Zeit bei Stock- und Stückgare?

Einen solchen Leitfaden kenne ich nicht. Aber sofern nicht enorm viel Fett oder Eier im Teig drin sind, nehme ich jeweils 1 % Hefe (1% von der Getreidemenge). Meistens habe ich dann noch einen Vor- oder einen Sauerteig dabei. Die Stockgare ist jeweils ca. 90 Minuten oder auch mal 120. Die Stückgare je nach Temperatur und Brot so ca. 30-60 Minuten. Da mache ich jeweils den Fingerdrucktest. Kennt ihr den?

Dann hoffe ich mal, dass Euch das weiter hilft, oder zumindest andere motiviert, mich zu korrigieren und zu ergänzen :ich weiß nichts
Liebe Grüsse Alice

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Re: Verständnisfragen

Beitragvon TheDailyBread » Do 10. Sep 2015, 16:42

Hallo Alice,

erstmal vielen Dank für deine ausführliche Antwort. :kl

Meine Frage noch zu Nullteigen:

Eigebroetli hat geschrieben: Für ein Brühstück nehme ich bspw. 50 g Mehl und mindestens 250 g Wasser.


Nimmst du die 250 ml Wasser für das Brühstück dann extra dazu oder sind das 250 ml Wasser aus dem Brotrezept, die du für das Brühstück abziehst?

Eigebroetli hat geschrieben: Einen solchen Leitfaden kenne ich nicht. Aber sofern nicht enorm viel Fett oder Eier im Teig drin sind, nehme ich jeweils 1 % Hefe (1% von der Getreidemenge). Meistens habe ich dann noch einen Vor- oder einen Sauerteig dabei. Die Stockgare ist jeweils ca. 90 Minuten oder auch mal 120. Die Stückgare je nach Temperatur und Brot so ca. 30-60 Minuten.


Hmm. Wenn ich das richtig verstehe würde das zum Beispiel für dieses Rezept bedeuten:

Ursprüngliches Rezept:
600g Mehl, 100 ml Wasser, 40g Hefe, 300g Joghurt, 1 Ei, 4 EL Öl, 1 TL Salz
Stockgare: 1 Std.
Stückgare: 15 min.

Rezept mit 1 % Hefe und Vorteig:
Vorteig: 200g Mehl, 200g Joghurt, 2 g Hefe, 12 Std. bei Raumtemperatur
Hauptteig: 400g Mehl, 100 ml Wasser, 100g Joghurt, 1 Ei, 4 EL Öl, 6g Hefe, 11g Salz
Stockgare: 60 - 90 min, Stückgare: 30 - 60 min. abhängig von Temperatur, zur Kontrolle Fingerprobe.

Oder werfe ich da jetzt etwas total durcheinander? :?


Eigebroetli hat geschrieben: Da mache ich jeweils den Fingerdrucktest. Kennt ihr den?


Na klar! :top
TheDailyBread
 


Re: Verständnisfragen

Beitragvon Eigebroetli » Do 10. Sep 2015, 17:49

Ja das Rezept passt so. Aber 4 EL Öl und ein Ei ergibt schon einen eher schweren Teig. Vorllem noch mit dem Joghurt. Also würde ich da etwas mehr Hefe nehmen. Eher 10 g auf die 600 g Mehl. Den Vorteig würde ich ansetzen, 1h bei Raumtemperatur anspringen lassen und dann in den Kühlschrank verfrachten. Für 12 h Raumtemperatur ist etwas viel Hefe drin. Da würde auch ein erbsengrosses Körnchen reichen. Zum Wassergehalt: Geht man beim Joghurt von 80% Wasser aus, kommt man auf eine TA von 156. Das Öl und das Ei haben aber auch noch Einflüsse auf den Teig. Aber falls er dir zu fest vorkommt, schluckt er ziemlich sicher noch ein bisschen zusätzliches Wasser.

Zum Brühstück; Das Rezept sieht dann bspw. so aus:

Sauerteig
100 g Roggenmehl
100 g Wasser
10 g ASG

Brühstück
50 g Roggenschrot
250 g Wasser

Hauptteig
200 g Sauerteig
300 g Brühstück
450 g Mehl (eher was helles)
6 g Hefe
10 g Salz
+ Wasser nach Berechnung, wenn nötig.

Rechnung für die TA:

TA = 350 g (Wasser) / 600 g (Mehl) * 100 + 100 = 158

Wenn ich jetzt eine TA von 165 will, muss ich 0.65* die Mehlmenge, sprich 0.65*600 g rechnen => das gibt 390 g Wasser. Im obigen Rezept fehlen also noch 40 g Wasser für eine TA von 165. Diese 40 g gebe ich also noch zum Hauptteig dazu.
Liebe Grüsse Alice

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Re: Verständnisfragen

Beitragvon Hobbybäcker14 » Do 10. Sep 2015, 18:21

Eigebroetli hat geschrieben:Das Rezept sieht dann bspw. so aus:

Ich hab' jetzt genau dieses Rezept einmal genommen um zu zeigen, wie meinereiner die TA mittels Excel gerne ausrechnet:

Bild

Das heißt: ich hab' je 1 Spalte für Mehl und 1 Spalte für Wasser - und dann wird das Rezept eingetragen - mal links, mal rechts. Zusammenaddieren tut's die Summenfunktion ... und oben halbrechts steht die Excel-Formel mit der die TA gerechnet wird.

Und wenn ich mich mit der TA ein wenig herumspielen möchte, brauch' ich nur ein wenig die Werte für Wasser in der Spalte zu verändern ... die neue TA rechnet sich von selbst... ;)

----

Wenn wir schon bei Verständnisfragen sind bzw. wenn Milchprodukte verarbeitet werden: bei Buttermilch/Quark liegt ja der Wassergehalt bei ca. 80-90% ... ich geh' davon aus, dass man die restlichen 10-20% auf der Mehlseite dazu rechnet. Richtig?

Thx
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Re: Verständnisfragen

Beitragvon TheDailyBread » Do 10. Sep 2015, 18:40

Eigebroetli hat geschrieben:Ja das Rezept passt so.


Juhu, ich glaube ich hab es kapiert. :tL :tL :tL :cry :ih

Vielen lieben Dank für deine Geduld!!! :del
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Re: Verständnisfragen

Beitragvon Eigebroetli » Do 10. Sep 2015, 19:15

TheDailyBread hat geschrieben:Juhu, ich glaube ich hab es kapiert.
:kl

Perfekt!

Hobbybäcker14 hat geschrieben:ei Buttermilch/Quark liegt ja der Wassergehalt bei ca. 80-90% ... ich geh' davon aus, dass man die restlichen 10-20% auf der Mehlseite dazu rechnet. Richtig?


Nein, das gibt dir dann ein sauberes Durcheinander. Bei der Brutto TA werden alle Zutaten gezählt, aber bei der Netto TA (das ist eigentlich die einzig wichtige für Hobbybäcker) sind nur die Getreideerzeugnisse und das Wasser relevant. Bei den Milchprodukten kann man aber den Fettgehalt noch etwas beachten, wenn man bspw. das zusätzliche Öl berechnen will. Auch macht es einen geschmacklichen Unterschied, ob man mit Magermilch oder Vollmilch bäckt.

Deine Exceltabelle sieht gut aus! Für alles, was weder Mehl noch Wasser ist, bräuchtest Du mit diesem System noch eine dritte Spalte. Ich arbeite auch mit Excel, habe es aber etwas anders aufgebaut. Allerdings muss ich da auch ab und zu den Bezugsfehler suchen..
Liebe Grüsse Alice

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Re: Verständnisfragen

Beitragvon sun42 » Fr 11. Sep 2015, 00:12

Brüh-, Quell- und Kochstücke dienen dazu die Wassermenge im Teig zu erhöhen. Ein höherer Wassergehalt im Teig verbessert idR die Frischhaltung der Backware.

Der Anteil eines Kochstückes kann bis zu 10% betragen. Bei höheren Anteilen leidet idR die Brotkrume.

Die Menge an Wasser die sich mehr unterbringen lässt, hängt direkt von der Wasserbindefähigkeit des Mehles bzw. Kochstückes ab. Hier ein paar Richtwerte:

MEHLE:
100g WM550 bindet 65g Wasser (TA164)
100g WM1050 bindet 67g Wasser (TA167)
100g RM1150 bindet 70g Wasser (TA170)
100g Roggenfeinschrot bindet 90g Wasser (TA190)
100g Gluten bindet 175g Wasser (TA275)
100g Kleie bindet 200g Wasser (TA300)


KOCHSTUECKE/BRUEHSTÜCKE:
100g Mehl im Kochstück bindet 150g Wasser (TA250)
100g gekochte/gequollene Roggenkörner binden 150g Wasser (TA250)
100g Restbrot (getrocknet und gemahlen) bindet 150g Wasser (TA250)


SONSTIGES:
100g Flohsamenschalen bindet 700g Wasser (TA800)

Den Grad der erhöhten Wasserbindung kann man leicht ausrechnen. Ein Beispiel:

Ein WM1050 Teig bindet die folgende Wassermenge:

100g WM1050 + 67g Wasser => TA 167

Setzt man den Teig alternativ aus 90g WM1050 einem 10g WM1050 Kochstück zusammen ergibt sich:

WM1050___: 90g Mehl + 61g Wasser (TA167)
WM1050KST: 10g Mehl + 15g Wasser (TA250)

_________________________________________
Summe____:100g Mehl + 76g Wasser (TA 176)

d.h. durch das Kochstück können 9g mehr Wasser gebunden werden. Bezogen auf 100g Mehl entspricht dies 9 TA Punkten
Zuletzt geändert von sun42 am Fr 11. Sep 2015, 08:47, insgesamt 1-mal geändert.
grüsse michael
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Re: Verständnisfragen

Beitragvon TheDailyBread » Fr 11. Sep 2015, 01:15

:top
Super, vielen Dank Michael, jetzt bin ich wirklich wunschlos glücklich :kl
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