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Milchsäure, keine Essigsäure. Wie geht das?

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Milchsäure, keine Essigsäure. Wie geht das?

Beitragvon Urbrot » So 8. Nov 2020, 05:01

Hallo, bin neu hier. Eine Frage: ich möchte ein Sauerteigbrot mit möglichst viel von der milden Milchsäure und wenig von der sauren Essigsäure. Soweit ich weiß braucht man für die "milchsäureproduzierende Gare" eine Temperatur von 30° C, was für mich auch kein Problem ist unter der Ofenlampe. Aber nun zur großen Frage: wie sieht es mit dem Luftabschluss aus? Muss ich darauf achten, daß der Teig anaerob geht? Oder macht das keinen Unterschied?

Die Viecher die ich haben will werden bei Wikipedia "Obligat homofermentative Milchsäurebakterien" genannt. Das sind die die nur Milchsäure, aber keine Essigsäure produzieren. Und dort steht daß sie keinen Sauerstoff vertragen! Das bedeutet ich muss für 100% Luftabschluss sorgen, oder? Ein kleines Löchelchen würde genügen und es kommt genausogut Sauerstoff rein, als wenn ich den Teig offen stehen hätte.
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Re: Milchsäure, keine Essigsäure. Wie geht das?

Beitragvon Roggenvollkorn » So 8. Nov 2020, 10:56

Ich bin kein Biochemiker, aber im Teig dürfte kein großer Luftaustausch stattfinden. Deckel drauf ist eh geboten wegen Austrocknung und die Temperatur ist meiner Erfahrung nach DER Einflussfaktor.
Liebe Grüße, Ulrich
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Re: Milchsäure, keine Essigsäure. Wie geht das?

Beitragvon Urbrot » So 8. Nov 2020, 15:15

OK. Ich werde mal beides (100% Luftabschluss 0% Luftabschluss) im Vergleich testen.

Zusatzfrage: soll ich den Alkohol der Hefe vorher "herausrühren", weil er die Milchsäurebakterien hemmt oder ist er sogar förderlich, weil er mit den Estern der Milchsäurebakterien das Aroma bildet? Beides klingt für mich logisch ist aber ein Widerspruch :-)
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Re: Milchsäure, keine Essigsäure. Wie geht das?

Beitragvon Roggenvollkorn » So 8. Nov 2020, 18:14

Ich muss passen.
Liebe Grüße, Ulrich
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Re: Milchsäure, keine Essigsäure. Wie geht das?

Beitragvon hansigü » So 8. Nov 2020, 18:58

Hallo Urbrot,
erstmal herzlich Willkommen im Forum!
Zu deiner Frage kann ich nur sagen, dass ich mir bisher, und andere wahrscheinlich auch, keine tieferen Gedanken über solche bio-chem. Zusammenhänge gemacht haben. Ich habe bisher, wenn ich einen mildsäuerlichen ST brauchte, den angesetzt, bei 30° gehen lassen und war bisher mit der Säure zufrieden. Wir sind nun mal fast alle Hobbybäcker! Sicher mancher steigt tiefer in die Materie ein und ist an solchen Fragen interessiert, aber wohl die wenigsten.
Dann bin ich auf dein Experiment gespannt! Berichte mal!
Gruß Hansi


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Re: Milchsäure, keine Essigsäure. Wie geht das?

Beitragvon Urbrot » So 8. Nov 2020, 22:46

Tja, ich habe auch nicht wirklich Ahnung, will aber alles ganz genau wissen und soviel Hexerei ist es auch nicht bisschen Biochemie zu klicken. Natürlich probiere ich auch viel herum, aber ich weiß von Natto und Koji und solchen Geschichten, daß man da besser genau das macht, was die Mikrobe haben will, sonst wirds Murks. "Pascht scho" ist nicht meine Philosophie. Zur Zeit mache probiere ich die "Kalt-Warm-Wechselgare", also den Teig (Hefe + Sauer) 12-24 Stunden anaerob im Kühlschrank, dann 2-3 Stunden anaerob bei 30° C, und das immer im Wechsel. Obs was bringt? Das Riesen-Aroma wo ich eigentlich hin will, habe ich bisher bei meinem hauseigenem Brot noch nicht entdeckt. Bloß auswärts, bei gewissen Gastronomen. Aber anquatschen kann ich die jetzt auch schlecht, und sie werden mir wohl auch nicht ihre Geheimnisse verraten.
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Re: Milchsäure, keine Essigsäure. Wie geht das?

Beitragvon moeppi » Mo 9. Nov 2020, 11:48

Urbrot hat geschrieben:Bloß auswärts, bei gewissen Gastronomen. Aber anquatschen kann ich die jetzt auch schlecht, und sie werden mir wohl auch nicht ihre Geheimnisse verraten.

Ich denke die würden dich auch komisch angucken, wenn du sie auf Obligat homofermentative Milchsäurebakterien ansprechen würdest ;) .
LG Birgit
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Re: Milchsäure, keine Essigsäure. Wie geht das?

Beitragvon hansigü » Mo 9. Nov 2020, 11:55

Urbrot, mir ist heute eingefallen, dass ja nicht nur die Fermentation Einfluß auf den Geschmack hat, sondern auch die verwendeten Zutaten, sprich: Mehle! Mit einem Mehl vom Discounter wirst du wahrscheinlich nicht den Geschmack erreichen, wie mit einem z.B. steingemahlenem Mehl aus einer handwerklich arbeitenden Mühle und einem Getreide bestimmter regionaler Herkunft. Den der Boden worauf das Getreide wächst, Düngung etc. spielt ja auch eine Rolle!
Gruß Hansi


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Re: Milchsäure, keine Essigsäure. Wie geht das?

Beitragvon heimbaecker » Mo 9. Nov 2020, 18:27

Urbrot hat geschrieben:Zusatzfrage: soll ich den Alkohol der Hefe vorher "herausrühren", weil er die Milchsäurebakterien hemmt oder ist er sogar förderlich, weil er mit den Estern der Milchsäurebakterien das Aroma bildet? Beides klingt für mich logisch ist aber ein Widerspruch :-)


Alkohol bekommst Du sicher nicht herausgeführt er verdampft erst beim Backen.

Ich würde Dir raten Dir die verschiedenen Führungsparameter für Sauerteig anzuschauen: Temperatur, Wassergehalt, Reifezeit,Anstellgut, Sauerstoff und das Mehl. Da ist übrigens die Sauerstoffversorgung meist der am wenigsten benutzte. Sehr guten Überblick biete das BBB nr 4 von Lutz Geißler.

Aus meiner Sicht sind 3 Faktoren für einen milden Sauerteig am wichtigsten, warme Temperatur 28-30C, hohe Teigausbeute und kurze Gärzeit ( erreichst Du durch hohen Anstellgutanteil)
Viele Grüße
Christoph


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Re: Milchsäure, keine Essigsäure. Wie geht das?

Beitragvon Urbrot » Di 10. Nov 2020, 00:53

@heimbaecker Wenn ich Hefeteig bspw. 4 Tage kalt und anaerob gehen lasse, dann geht das nicht ohne daß ich den Teig nach 1-2 Tagen raushole aus dem Kühlschrank, kurz durchknete um den Teig zu lüften und den Alkohol abzuführen. Sonst würde die Hefe in ihrem eigenen Alkohol versterben. Ein gewisser niedriger Alkoholgehalt macht der Hefe nicht viel aus. Meine Frage war ob ein niedriger Alkoholgehalt die Milchsäurebakterien hemmt. Es könnte immerhin sein, daß auch ein niedriger Alkoholgehalt die Milchsäurebakterien so im Wachstum hemmt, daß ich die Gehzeit verdoppeln oder verdreifachen muss.

@hansigü Klar gibt es noch viel mehr Faktoren, deshalb möchte ich mich erstmal nur auf Temperatur und Sauerstoff/Alkohol konzentrieren, um diese Stellschraube optimal einstellen zu können. Mehlsorte, Aschegehalt, Wassergehalt, usw. betrachte ich davon gesondert.
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Re: Milchsäure, keine Essigsäure. Wie geht das?

Beitragvon lucopa » Mi 11. Nov 2020, 21:20

Gutes Brot backen ist zu zwei Drittel Kunst und zu einem Drittel Wissen. Der Mut zum Scheitern ist das vierte Drittel :XD

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Re: Milchsäure, keine Essigsäure. Wie geht das?

Beitragvon Urbrot » Do 12. Nov 2020, 02:32

Mein Brot ist schon eßbar, aber die Säure ist schon manchmal etwas beißend. Kürzer fermentieren möchte ich auch nicht, ich hatte ja schonmal bei extrem langer Gare eine milde Säure und ich glaube es lag am Sauerstoff (bzw. am Sauerstoffmangel besser gesagt). Habt Ihr nicht auch den Eindruck, daß Sauerteig milder wird, wenn er anaerob geht als wenn er aerob geht? So schreibt die Wikipedie, daß die besonders mildsäuernden Kulturen, die man haben will, (obligat homophobes Lactoviechzeugs) Sauerstoff nicht ertragen können. Das Argument, daß Sauerstoff nicht ins Teiginnere kommt, glaubst Du das wirklich? ... Ich werde jetzt meine Brotbackform während der Gare in einen gigantischen Zip-Beutel packen und damit luftdicht halten.
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Re: Milchsäure, keine Essigsäure. Wie geht das?

Beitragvon hansigü » Do 12. Nov 2020, 20:54

Da würde mich ja das Rezept interessieren und die Vorgehensweise. Beißende Säuren habe ich in meinen Broten noch nie gehabt :ich weiß nichts
Mein Sauerteige, ob Roggen, Dinkel oder Weizen, gehen entweder im Kessel mit Teller obendrauf oder Schüssel mit Haube oder Deckel. Alles nicht ganz dicht, da kommt sicherlich Luft rein, wenn auch nicht viel.
Brotteige in der Küche, werden mit Tuch abgedeckt, Lange, kühle Gare wird mit Beutel verschlossen.

Manfred, der Spruch ist wirklich gut :top :XD
Gruß Hansi


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Re: Milchsäure, keine Essigsäure. Wie geht das?

Beitragvon heimbaecker » Do 12. Nov 2020, 21:09

Das wollte ich gerade auch schreiben, Hansi.

In den Teig kommt auch ohne Kneten oder Falten kein Sauerstoff, da das Gluten ja zum Glück ein gasdichtes Netzwerk bildet sonst blieben auch die Gärgase nicht drinnen. Ich habe schon oft ein mildes Sauerteigbrot auch mit kalter Übernachtgare gebacken, deshalb denke ich Dein Problem liegt sicher auch in deinem Rezept und Vorgehen begründet. Wenn du und das mal möglichst genau beschreibst können wir Dir vielleicht helfen.
Viele Grüße
Christoph


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