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Grundprinzip des Sauerteigs

Hier kannst Du als Anfänger alles fragen, was zum Brotbacken gehört.

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Grundprinzip des Sauerteigs

Beitragvon UnwissendesBrot » Fr 12. Aug 2022, 21:05

So, hier nun mein erster Beitrag.

Soweit ich das verstanden habe, und korrigiert mich gerne, beginnt alles mit dem sogenannten Anstellgut. Dies basiert auf einer über mehrere Tage andauernden Prozedur, bei der ich einer ersten Menge Wasser und Mehl täglich "Nahrung" in Form von Wasser und Mehl gebe. Irgendwann, nach etwa einer Woche entsteht dann ein Recht stabiler Sauerteig, der zum ersten Brot taugt.
Soweit klar.
Was aber nun? Ich nehme einen Teil des Anstellguts und mische den ersten Brotteig an, ab in Ofen und das erste Brot ist da.
Wie verhält es sich nun mit dem restlichen Anstellgut? Ab in dem Kühlschrank? Wann und mit wir viel den dann füttern? Was, wenn ich jeden Tag ein Brot machen will, so schnell kann ich den ja gar nicht nachfuttern.

Hier wäre ich euch für ein wenig Aufklärung sehr dankbar!
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Re: Grundprinzip des Sauerteigs

Beitragvon Little Muffin » Sa 13. Aug 2022, 15:18

Ich bin ein wenig raus aus der Roggensauerteigsache aber hier kannst Du gut nachlesen wie man sein Anstellgut pflegt und wenn Du jeden Tag ein Brot backen willst, dann hälst Du Dir einfach etwas mehr Anstellgut. Ist dieses einmal gefüttert und reif, kommt es in den Kühlschrank. Davon kannst Du dann täglich das bisschen Anstellgut nehmen das Du für Deinen Sauerteig brauchst.
Also sagen wir mal von 100g Anstellgut brauchst Du träglich 10g für das Brot, dann reduziert sich Dein Anstellgut in 10 Tagen auf NULL, wenn Du nicht ab Tag 7-9 (also bevor alles weg ist!) das Anstellgut erneut separat zusätzlich zum Sauerteig für das Brot führst (50g Roggenmehl, 50g Wasser, 10g Anstellgut = ca.100g ein bisschen Schwund ist immer, Reste am Löffel, an der Schüssel).

Ist das verständlich?

Je öfter Du Dein Anstellgut fütterst, vor allem bei regelmäßiger Fütterung, desto stärker und aktiver wird es. D.h. dann ist Dein Anstellgut nach 3-5 Std. bereits gut, anfangs brauchts vielleicht 10-12.
Nur Verrückte hier...Komm Einhorn, wir gehen!

Liebe Grüße, Daniela
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Re: Grundprinzip des Sauerteigs

Beitragvon Fox2405 » Sa 13. Aug 2022, 17:58

Hallo Unwissendesbrot,

ich glaube den Namen kann ich auch mein Leben lang auf meinen Brotkenntnisstand anwenden. Was ich an Büchern und Workshops und Videos angeschaut habe...und doch kapiere ich nicht alles oder kann auch nicht alles erklären, aber das eine oder andere Brot und leckere Pizza, dafür reichts.

Das mit dem Anstellgut (ASG) mache ich in etwa so (ohne zu detailliert zu werden). Meist unterscheide ich zwischen einem Auffrischbrot (da ist das Hauptziel übriges Anstellgut lecker zu verwerten) und einem "normalen Brot. Bei normalen Brot frische ich mein ASG ungefähr einen Tag vor dem ersten Rezeptschritt auf. Dazu beispielsweise 50g Roggen VK, 50g Wasser und einen Teelöffel vom Anstellgut aus dem Kühlschrank. Das wird verrührt und bildet nachher die Grundlage für den Sauerteig lt Rezept (je nach Rezept und Alter/Aktivität des ASG im Kühlschrank überspringe ich den Schritt). Wenn Du laut Rezept von diesem aufgefrischten ASG dann auch nur einen Teelöffel brauchst, hast Du relativ viel "starke" ASG im Kühlschrank (aber insgesamt zwei Generationen, quasi Original und Sicherungskopie).

Wenn Du häufig backst, kannst Du jeden Tag auffrischen (so wie beschrieben). Aber Du merkst irgendwann beim Backen schon, ob Dein ASG stark ist (dass kann ein paar Generationen dauern), dann kannst Du aus meiner Erfahrung problemlos einmal auffrischen und von diesem im Kühlschrank gelagerten ASG für das tägliche Brot immer den Teelöffel ASG fürs Rezept wegnehmen. So wie Little Muffin es glaube ich auch beschrieben hat. Wenn Du dann Sonntags zum Beispiel 100g Roggen VK+100g Wasser + Teelöffel ASG nimmst, hast Du Genug Anstellgut um die ganze Woche davon zu zehren (wenn es wirklich triebstark ist).

Wen ich weniger häufig backe, versuche immer am Sonntag das aktuellste ASG im Kühlschrank aufzufrischen und die älteren Vorgänger (so lange sie noch gut aussehen und riechen) in ein Glas zu sammeln. Dann habe ich ein Glas aktuelles, ein Glas Vorgeneration und eine ASG Sammlung im Kühlschrank. Um das gesammelte ASG aufzubrauchen, habe ich ein Rezept das statt 10-20g dann 200g altes Anstellgut verarbeitet (so muss ich recht wenig Anstellgut wegwerfen).

Also hängt wie immer mehreres zusammen. wie erfahren ist Dein ASG, wieviel brauchst Du für dein Alltagsbrot und wie groß ist Dein Kühlschrank.

Beste Grüße
Michael
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Re: Grundprinzip des Sauerteigs

Beitragvon hansigü » Sa 13. Aug 2022, 18:59

Also 1. Frage: ca. 50g in den Kühlschrank! Dann nach ner Woche wieder Füttern, auf jedenfall bevor du backen willst, beim neu gezüchteten vllt. auch nach zwei Tagen Stehzeit, da wird er schneller aktiv!
2. Füttern kannst du ihn dann z.B. 10g ASG:20g Mehl:20g Wasser, da gibt es unterschiedliche Führungsweisen. Ich mache das immer pimaldaumen, da ich das ASG immer separat führe und nicht vom fertigen ST abnehme.
3. Willst du jeden Tag backen, brauchst du vom fertigen ST nur entsprechend abzunehmen und entweder gleich den ST ansetzen oder bis dahin im Kühlschrank. Da kannst du ja sogar nur die Menge
abnehmen die du brauchst.
Gruß Hansi


In der Not isst der Bauer die Wurs(ch)t auch ohne Brot!
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Re: Grundprinzip des Sauerteigs

Beitragvon Caröle » Sa 13. Aug 2022, 19:39

Wie Michael/Fox es beschrieben hat, mache ich es auch und das klappt sehr gut
(Auffrischung alle 7 Tage mit je 50g Wasser und Roggenmehl plus 1TL altes Anstellgut, Sammeln der älteren Anstellgutreste für Auffrisch-Rezepte).
Allerdings hab ich auch schon mit 7 Tage altem Anstellgut prima - sogar hefefreie - Brote gebacken, frische also nicht vor jedem Backtag innerhalb dieser 7 Tage nochmal gesondert auf.
Das setzt aber voraus, dass der Sauerteig regelmäßig gepflegt wird und auch nicht schon vollreif in den Kühlschrank gestellt wird, sondern die Mikroorganismen sollten noch ein bisschen "Futter" zum Überstehen der kommenden Woche übrig haben.
Caro... mit viel Koch- und langsam auch mehr Backerfahrung :hx

Ausstattung: Kenwood Cooking Chef, Gusseisentopf, Schamott-Backstein, Gärautomat,
leider kein guter Ofen (max. 230°C), Sauerteige: Gärhard/Roggen und Gärtrud/Lievito Madre
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Re: Grundprinzip des Sauerteigs

Beitragvon UnwissendesBrot » Sa 13. Aug 2022, 21:25

Danke für die Antworten.

So langsam kommt Klarheit auf. Allerdings gibt's noch neue Fragen:
1. In euren Beschreibungen verwendet ihr die Begriffe "Anstellgut" und "Sauerteig". Bisher war das für mich ein Synonym bzw. biologisch betrachtet das gleiche. Wie unterscheidet ihr die Begriffe?
2. Wenn das Anstellgut im Kühlschrank ist und ich es nicht füttere, wie lange ist das dann haltbar?
3. Wenn ich dann beispielsweise mit 10 Gramm Anstellgut und je 50 Gramm Wasser und Roggen füttere, lasse ich dieses "neue" Anstellgut bei Raumtemperatur oder im Kühlschrank Reifen und wie lange?

Vielen Dank für eure Hilfe!
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Re: Grundprinzip des Sauerteigs

Beitragvon Caröle » Sa 13. Aug 2022, 22:49

Zu 1)
Anstellgut ist Sauerteig. Genauer genommen ist das der Teil eines Sauerteigs, der aufbewahrt wird, um damit einen neuen Sauerteigansatz mit den gewünschten Mikroorganismen zu "impfen".

Zu 2)
haltbar ist Sauerteig/Anstellgut, solange es nicht schimmelt oder die Mikroorganismen durch Hitze/extreme Kälte zerstört werden. Die Qualität lässt aber mit zunehmender Standzeit nach, weil sich die Mikroorganismen darin vermehren und dabei sowohl Nährstoffe verbrauchen als auch Ausscheidungsprodukte (Säure) abgeben, die sich anreichern. Je älter ein Sauerteig ist, desto saurer wird er und umso mehr büßt er an Triebkraft ein. Daher sollte man regelmäßig einen kleinen Teil davon mit reichlich frischer Nahrung auffrischen, dann ist wieder viel Reserve da und das Aroma bleibt mild(er).
Fangen die Mikroorganismen deutlich an zu hungern, bildet sich eine klare bis bräunlich-gräuliche alkoholische Schicht an der Oberfläche, der "Fusel". Der ist nicht giftig, sollte aber abgegossen werden, bevor man wieder auffrischt.
Wenn man sauber arbeitet, schimmelt ein Sauerteig kaum, die Säuren darin töten unerwünschte Mikroorganismen ab. Es kann aber sogenannte Kahmhefe, eine weißlichgraue Schicht, auf dem Sauerteig entstehen, die ungiftig ist. Die sieht aber anders aus als Schimmel, eher schmierig als pelzig.

Zu 3)
Die Reifedauer hängt von der Temperatur ab und davon, wieviel vom Anstellgut verwendet wurde. Je mehr Anstellgut = je mehr Mikroorganismen kommen gleich zu Anfang hinein und dann reift es auch schneller. Und je wärmer es steht, desto höher ist die Aktivität der Vermehrung darin, also geht es bei wärmeren Temperaturen deutlich schneller.

Ziel ist etwa Verdopplung und sichtbare Bläschenbildung/Schwammstruktur. Der Geruch sollte säuerlich, aber auch nicht zu stark nach Essig sein (kühlere Reifung und lange Standzeit vermehrt die Säurebildung, kurze warme Reifezeit fördert milderes Aroma).

Wird das Anstellgut gleich zum Sauerteigansetzen genutzt, kann es auch ausreifen, also bis zur Wölbung, aber soll es noch ein paar Tage nutzbar sein, ist es besser, es nicht vollreif in den Kühlschrank zu stellen. Der Kühlschrank verlangsamt weitere Entwicklungen, aber stoppt sie nicht ganz. Mit noch etwas Reserve-Futter halten die Mikroorganismen länger aus.

Wenn jemand gerne kräftig gesäuerte Brote mag, kann die Reife bei Raumtemperatut stattfinden, und wer mildere Brote möchte, stellt Anstellgut und daraus angesetzte Sauerteige wärmer, die Reifezeiten ändern sich dann entsprechend (grobe Faustformel: 5 Grad weniger = doppelte Zeit, 5 Grad mehr = halbe Reifezeit)
Caro... mit viel Koch- und langsam auch mehr Backerfahrung :hx

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Re: Grundprinzip des Sauerteigs

Beitragvon Fox2405 » So 14. Aug 2022, 07:27

Guten Morgen,

ich hätte es nicht schöner schreiben können als Caro und muss es nun ja auch nicht mehr :top

Nur ganz kurz noch ein paar Anmerkungen-

Frage 1: Begriffe "Anstellgut" und "Sauerteig". Wie unterscheidet ihr die Begriffe?
Ich sehe das für mich so: Anstellgut ist das Zeug was ich lagere bis ich aus diesem Anstellgut den für das Rezept benötigten Sauerteig herstelle (was aber von den Zutaten identisch mit dem ASG) ist. Wie Caro beschrieben hat mit dem Herstellen des ASG werden Mikroorganismen gehegt und gepflegt. Daraus startet dann irgendwann der neue Backprozess

2. Wenn das ASG im Kühlschrank ist und ich es nicht füttere, wie lange ist das dann haltbar?
Das kann schon mehrere Wochen überleben, wenn es ein sehr erfahrener Sauerteig war. Allerdings musst Du um wieder ein backfähiges ASG zu bekommen, eine sehr kleine Menge des Uralt-ASG nehmen und das "auffrischen mehrmals Wiederholen. Bei mir hat sich normalerweise eine Woche als gut machbar herausgestellt, aber da wirst Du dein eigenes Timing finden. Je länger ich nicht dazu komme, desto kleiner ist der Anteil des alten ASG (will ja nicht soviele Schlafmützen Mikroorganismen im neuen ASG haben, auffrischen dauert dann eben etwas länger und muss mehrmals wiederholt werden, bis die wieder alle fit sind)

3. Wenn ich dann beispielsweise mit 10 Gramm Anstellgut und je 50 Gramm Wasser und Roggen füttere, lasse ich dieses "neue" Anstellgut bei Raumtemperatur oder im Kühlschrank Reifen und wie lange?
Bei mir ist das bei warmer Raumtemperatur (22-25 Grad) ca. 4-6 Stunden. Ich mache meist eine Markierung ums Glas als Anfangshöhe und schau dann immer mal wieder nach. Wenn man die ersten Luftblasen sieht, fängt der Teig an zusteigen. Dann schaue ich mir die Wölbung an und rieche daran. Wenn ich das Anstellgut in Kürze brauche, darf sich das solange entwickeln bis eine sehr deutliche Wölbung (wie eine Seifenblase) und der Duft angenehm aber deutlich erkennbar ist. Wenn es "nur" für den Kühlschrank ist, wandert das Glas deutlich früher ins Kalte.

Das erinnert mich daran, dass heute Auffrischtag ist.... .adA

Beste Grüße

Michael
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Re: Grundprinzip des Sauerteigs

Beitragvon UnwissendesBrot » Mi 17. Aug 2022, 07:37

Super, vielen Dank für die tollen Antworten!
Mittlerweile bin ich wieder vom Urlaub zurück.

Dann werde ich heute anfangen und ein Anstellgut züchten!
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