Syntheseclown hat geschrieben:Mir geht es hauptsächlich darum, die Anzahl der verschiedenen Mehle klein zu halten (...) und möchte auch nicht 20 verschiedene Säcke herum stehen haben, deren Inhalt dann alt wird.
Das für Brot backtechnisch schlechteste Mehl durch Zugabe von Weizenkleber aufzupeppeln ist eine sehr schlechte Idee. Das 405er Mehl hat nicht nur sehr wenig Kleberprotein sondern es fehlen auch die Mineral- und Ballaststoffe. Ausserdem ist es immer ein glattes Mehl während Brotmehle generell eher griffig sind (um mehr Wasser aufzunehmen).
Umgekehrt wird aber ein Schuh daraus. Da gibt es zwei generelle Vorgehensweisen:
(1) Man kaufe zwei Typenmehle, ein 550er und ein 1050er, und mischt je nach Bedarf.
Dies macht wenig Arbeit (nur Rechnen und Mischen), ist aber etwas teurer.
(2) Man beschaffe sich eine Getreidemühle und drei Siebe (300, 150 und 75 Mikron), und kaufe dann Vollkornschrot oder gar Vollkorn-Getreide, und mahlt, siebt und mischt je nach Bedarf.
Dies ist ein wenig arbeitsaufwendig (Mahlen, Sieben, Trennen, Rechnen und Mischen), ist aber günstiger. Dafür benötigt man aber nur einen Sack Schrot oder volles Korn. Und volles Korn (nicht geschrotet, nicht gemahlen) hält sich bei trockener Lagerung 'ewig und drei Tage'.
Nomenklatur für Getreidemahlerzeugnisse:
* Dunst = Partikelgröße zwischen 150 und 300 Mikron
* Mehl = Partikelgröße kleiner oder gleich 150 Mikron
* Griffiges Mehl = Mehl bei dem die Mehrheit der Partikel größer oder gleich 75 Mikron ist
* Glattes Mehl = Mehl bei dem die Mehrheit der Partikel unterhalb 75 Mikron ist
* Vordermehl = Mehl aus dem innern des Mehlkörpers
* Hintermehl/Nachmehl = Mehl bei dem das Vordermehl entfernt (herausgesiebt) wurde
* Vollmehl = Mehl bei dem das Vordermehl NICHT entfernt wurde
* Vollkornmehl = Mehl bei dem alle Bestandteile des ganzen Korns enthalten sind, also Vordermehl, Hintermehl und Schalenteile. Die äussersten Schalenschichten dürfen aber entfernt sein (üblicherweise durch polieren des Korns, z.B. Steinmetzverfahren).
Herstellung von Typenmehlen:
* Konditormehl (Type 400/405)
Dieses Mehl ist ein Vordermehl das aus ca. 30% des Korns vom innern des Mehlkörpers besteht. Aus verfahrenstechnischem Gründen ist diese Mehl immer ein glattes Mehl. Um es herzustellen mahlt man das Schrot oder ganze Korn und siebt das Mahlerzeugnis mit einem 75 Mikron Sieb. Mahlen und Sieben wiederholen bis 30% des Vollkorngewichts an Siebgut anfallen.
* Weissmehle (Typen 550 und 630)
Diese Mehle sind ebenfalls Vordermehle. Sie bestehen aus ca. 65% (T550) / 70% (T630) des Korns vom innern des Mehlkörpers. Sie sind üblicherweise eher griffig. Um sie herzustellen mahlt man das Schrot oder ganze Korn und siebt das Mahlerzeugnis mit einem 150 Mikron Sieb. Mahlen und Sieben wiederholen bis 65, respektive 70% des Vollkorngewichts an Siebgut anfallen.
* Halbweissmehl (Type 812)
Dieses Mehl kann sowohl ein Vorder- als auch ein Hintermehl sein. Der Ausmahlungsgrad beträgt ca. 78%. Um es als Vordermehl herzustellen mahlt man das Schrot oder ganze Korn und siebt das Mahlerzeugnis mit einem 150 Mikron Sieb. Wiederholen bis der Ausmahlungsgrad erreicht ist. Als Hintermehl entfernt man vom Mahlerzeugnis zunächst das Konditormehl (Type 400/405) und mahlt und siebt dann das verbleibende Mahlerzeugnis bis der Ausmahlungsgrad erreicht is.
* Ruchmehl (Type 1050/1100)
Dieses Mehl ist ein Hintermehl mit einem Ausmahlungsgrad von 30-85%. Dabei wird zunächst vom Mahlerzeugnis das Konditormehl (Type 400/405) mit einem Ausmahlungsgrad von 30% entfernt und dann das verbleibende Mahlerzeugnis gemahlt und gesiebt bis der Ausmahlungsgrad von 85% erreicht ist.
* Vollkornmehl ohne Holzanteil
Die zweitäusserste Schalenschicht besteht aus Holz, gibt dem Weizen die braune Farbe und entspricht etwa 3-3.5% des Korns. Diese kann mit Polier/Schäl/Putzmaschinen vor dem Mahlen entfernt werden, das ist aber nur für gewerbliche Zweche sinnvoll/erschwinglich. Da die Holzschicht aber am hartnäckigsten ist, bleiben deren Teile beim Mahlen bis zum bitteren Ende übrig. Mann kann also mahlen und sieben (150 Mikron Sieb) bis noch etwa 3-3.5% des Vollkorngewichts übrig bleiben und hat damit ein Vollkornmehl nahezu ohne Holzanteil. Der Ausmahlungsgrad ist also etwa 97%.
* Echtes Vollkornmehl (mit Holzanteil)
Hierzu mahlt und siebt man (mit einem 150 Mikron Sieb) bis das gesamte Mahlgut durch das Sieb geht. Nach DIN 10355 dürfen aber bis zu 10% der Partikel Dunst sein (zw. 150 und 300) Mikron. Wenn man also Schwierigkeiten hat die letzten 10% auf 150 Mikron Partikelgröße kleinzukriegen so kann man die letzten 10% auch so ins endgültige Mahlprodukt geben, vorrausgesetzt daß diese durch ein 300 Mikron Sieb gehen.
ACHTUNG
Bei Handelsüblichen Typenmehlen wurde in der Mühle der Keim entfernt. Dies macht das Mehl länger haltbar weil der Keim Fette enthält die nach dem Mahlen schnell ranzig werden.
Bei Backschrot is der Keim entfernt. Bei vollem Korn ist er nicht entfernt. Mit Haushaltsmitteln lässt sich der Keim aber nicht herausfiltern. Wenn man also mit vollem Korn sein Mehl herstellt so sollte man das gemahlene Mehl innerhalb von 4-6 Wochen verarbeiten. Wenn man mit Backschrot sein Mehl herstellt dann ist das resultierende Mehl länger haltbar (i.d.R einige Monate).
Syntheseclown hat geschrieben:Ich zahle keine drei Euro für ein Kilo Mehl (oder wie bei Amazon 7,90€ für 1kg Tipo 00).
Ich beziehe mein Dinkelmehl von Dinkelhof Horstmann in Norddeutschland. Dinkelmehl Type 630 kostet 5 EUR per 2 Kg Sack, 12 EUR per 5 Kg Sack, 20 EUR per 10 Kg Sack und 42 EUR per 25 Kg Sack. Alles deutlich unter 3 EUR/Kg. Beim Dinkelvollkornmehl sind die Preise sogar noch etwas niedriger. Weizenmehl kaufe ich lokal aus Japanischem Anbau, daher kann ich mich zur Preislage in Deutschland da nicht äussern aber ich wäre sehr überrascht wenn das teurer wäre als Dinkel.
LG, benjamin