Hallo Erdbeerkekschen,
ich hatte sogar schon einmal ein Review geschrieben, es dann aber doch nicht eingestellt, weil ich nicht wusste, ob Interesse besteht (Getreidemühle war ja auch nicht so prickelnd). Ich habe aber noch. Hier für Dich
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Ich habe mich jahrelang über vergleichsweise teure, aber untaugliche Küchenwaagen geärgert und mich endlich dazu entschlossen, in eine Präzisionswaage zu investieren. Keine Frage, das hat sich zur Optimierung des „Workflow“ wirklich gelohnt. Die Kriterien sind vielleicht auch für andere hilfreich. Vorab aber die Frage: Für wen ist eine solche Waage interessant ? Wer nur gelegentlich einzelne Stücke abwiegt, wird vermutlich keinen Gedanken an eine Präzisionswaage verschwenden. Wer sich aber darüber ärgert, dass seine Waage sich mitten im Wägevorgang gerne einmal abschaltet, wer zahlreiche Zutaten nacheinander hinzuwiegen möchte, wer bereits abgewogene Mengen auf seiner Waage nicht reproduzieren kann, wem es auf Genauigkeit im Grammbereich ankommt, wer sich über den „Schleppfehler“ seiner Waage ärgert oder wenn er kleine Mengen zufügt oder wegnimmt, und die Waage will davon partout nichts wissen, der sollte sich Gedanken über dieses Utensil machen: Kurzum, die Hobbybäcker und alle, die auf die exakten Mengen ihrer Zutaten achten müssen/wollen. Was nun sind die Kriterien zur Auswahl einer Waage ?
Zunächst heißt es Abschied nehmen vom hübsch-fröhlichen Küchendesign der hunderten von Haushaltswaagen auf dem Markt. Meine Frau hat mich zuallererst gefragt, wo ich das hässliche neue Ding denn unterbringen wolle. Die hübsch anzuschauende, aber m.E. unbrauchbare Rösle hängt gut sichtbar an der Reling (kommt jetzt aber nur noch für Hundefutter zum Einsatz).
Für mich kamen weit oben eine Wägeplatte aus Edelstahl und ein einfach zu reinigendes Gehäuse in das Lastenheft. Etwas anderes als Edelstahl bietet sich für die Küche nicht an. Eine komplett wasserdichte Waage aus Edelstahl hätte das Budget jedoch bei weitem gesprengt.
Wägebereich und Anzeigegenauigkeit. Mir war jeder Wägebereich recht, der die auf einer Küchenwaage üblichen Mengen umfasste, also 3 bis 6 Kilo. Ich weise hier schon darauf hin, dass es zum gleichen Preis auch Wägebereiche bis 30 Kilogramm bei Anzeigegenauigkeiten von 0,1 bis 1,0 Gramm gibt. Es wird jedoch empfohlen, den Wägebereich und die Genauigkeit dem Bedarf anzupassen. Als Anzeigegenauigkeit habe ich 1,0 Gramm einer solchen von 0,1 Gramm vorgezogen. Für geringe Mengen in 0,1 Gramm Schritten verwende ich seit jeher eine Löffelwaage. Zum anderen, weil ich darauf bestehe, die automatische Tarierungsfunktion (siehe unten) abschalten zu können, was bei 0,1 Gramm zwangsläufig zu einer extrem unruhigen Anzeige führen würde. Beim Wägebereich würde ich heute eher 6 statt 4 kg wählen, und das hat folgende Bewandtnis: Wenn man mehrere Zutaten zuwiegen will, geht das nur bis zur Obergrenze des Wägebereiches. Die Schüssel unserer Assistent Küchenmaschine wiegt allerdings alleine bereits 1,6 kg, so dass nur 2,4 kg für Zutaten verbleiben. Das kann schon einmal knapp werden. Bei 6 kg wären es immerhin noch 4,4 kg.
Größe der Waage. Sie spielt eine erhebliche Rolle wenn man bedenkt, dass man auch in großen Schüsseln wiegen will. Diese müssen mit dem Boden auf die Wägeplatte passen. Im Heimbereich dürfte alles ab 15 x 15 cm angemessen sein. Eine größere Fläche ist natürlich angenehmer und keineswegs zwingend teurer, jedoch ist zu beachten, dass man beim Auspacken von der unerwarteten Größe der Waage, die auf dem Video oder dem Online Katalog so niedlich aussah, böse überrascht werden kann. Man muss die Waage aber auch noch bei Verwendung einer weit auskragenden Schüssel ablesen können, so dass es auch auf Lage und Position der Anzeige ankommt. Ein Pultgehäuse ist da angenehm, eventuell auch ein abnehmbares, über Kabel angebundenes Display.
Schnelligkeit der Ausgabe. Um eine ruhige Anzeige zu bieten, verfügen viele Waagen über eine automatische Tarierungsfunktion bei geringen Gewichtsänderungen. Wenn es nur statisch zu wiegen gibt (also zu wiegendes Gut auf die Wägeplatte packen und das Gewicht ablesen), ist die Anzeige in der Tat ruhiger. Fügt man laufend kleine Mengen hinzu oder nimmt sie weg (man lässt z.B. Zucker einrieseln) reagiert die Anzeige oft überhaupt nicht und nach einiger Zeit mit einem Sprung. Für diese dynamischen Wiegevorgänge muss diese Automatik also abschaltbar sein. Bei 0,1 Gramm hat man eventuell selbst in Ruhe eine „zappelige“ Anzeige, dies aber vor allem im Nachkommastellenbereich. Mit 1 Gramm Genauigkeit hatte ich noch keine Probleme.
Stromversorgung/Energiesparfunktion. Je flexibler die Waage in der Stromversorgung ist (Netzadapter/ Batterie-/Akkuversorgung) desto besser. Für die Akkuversorgung ist allerdings oft ein happiger Aufpreis (für Akkus und Ladeelektronik/Netzteil) zu zahlen. Je handelsüblicher die Batterien sind (Blockbatterie…), desto besser. Die meisten Waagen schalten nur zur Schonung der Batterien bzw. Akkus frühzeitig und auch überraschend ab. Dabei wird meist nicht nur die Anzeige abgeschaltet, sondern es geht auch der gespeicherte Wert verloren. Zumeist heißt es, dass die Energiesparfunktion drei Minuten nach der letzten Veränderung der Anzeige einsetzt. Bei den Küchenwaagen ist das oft genug gelogen, zumindest bei nachlassenden Batterien. Geholfen ist einem, wenn man diese Automatik abschalten oder unterschiedliche Wartezeiten vor dem Abschalten wählen kann.
Einstellmöglichkeiten. Sie sind mehr oder weniger sinnvoll. Die meisten Waagen „können“ auch Zählwaage, ich habe allerdings im Haushaltsbereich dafür noch keine sinnvolle Einsatzmöglichkeit gefunden. Selbstverständlich ist die Zuwiegefunktion, bei der man die Waage stets auf null setzen kann und nur die von nun zugefügte Menge gewogen wird. Noch besser ist es, wenn die Schüssel oder Verpackung in einem gesonderten Speicher abgelegt wird, man also jederzeit auf die kumulierte Nettomenge zugreifen kann. Die Umschaltung zwischen deutschen und angloamerikanischen Gewichtseinheiten erspart bei Rezepten mit solchen Angaben das Umrechnen. Hilfreich ist die Möglichkeit (z.B. beim Abwiegen von Teiglingen), sich die Abweichungen in Gramm von einem Referenzstück anzeigen zu lassen.
Eine Schutzhaube ist für jede Präzisionswaage sinnvoll. Nachschauen, ob sich eine Haube bereits im Lieferumfang befindet, denn zumeist wird für ein simples Lexan-Tiefziehteil als Zubehör ein horrender Preis verlangt.
Ich hatte mir als Obergrenze ein Limit von etwa 150 Euro gesetzt. Tatsächlich kommt man deutlich günstiger davon, denn in der Preisspanne 50 bis 200 € findet man eine Menge Angebote, wobei man sich durchaus nicht an der oberen Grenze orientieren muss. Um ein paar Namen zu nennen: G & G (auch nach G und G oder gundg googeln), Kern oder auch ADE, der Namen und Hersteller gibt es aber viele und die Auswahl ist groß. Meine Waage von Kern (440) ist absolut küchentauglich. Eine uneingeschränkte Empfehlung kann ich dennoch nicht aussprechen, da die Folie über dem Display nicht staubdicht ist und es durchaus Waagen mit günstigerem Preis-Leistungs-Verhältnis zu geben scheint.
Beste Grüße
Stefan