von moni-ffm
Ich habe mich lange nicht mehr gemeldet, weil ich eine längere Reise unternommen habe und unterwegs nicht gebacken - sondern tolles Brot genossen habe: das Brot des Sauerteiggurus Chad Robertson.
Jeder ambitionierte Hobbybrotbäcker kennt ihn und seine Bücher und Videos und seine Landbrote werden oft nachgebacken - häufig mit mäßigem Ergebnis, wie bei mir. Tochter und Schwiegersohn leben zur Zeit in San Francisco und jetzt war ich dran mit Besuch, eine Gelegenheit, Chads Brote ausgiebig zu probieren. Im Sommer haben sie mir berichtet, dass in ihrem Stadtteil in Fusswegentfernung ein weiteres Tartine Restaurant eröffnet werden sollte und wir waren alle ganz gespannt auf den Eröffnungstermin - hoffentlich vor meinem Besuch. Es hat geklappt.
Am Morgen nach meiner Anreise bin ich mit Tochter dann zum Frühstück rüber und erstaunlicherweise war die Schlange vor uns nur 12(!) Leute lang. (Bei seinem ersten Restaurant im Stadtteil Mission Dolores haben wir an einem Sonntag Nachmittag eine ca 80 m lange Schlange gesehen! Da muss man schon verrückt sein oder) Man muss sich anstellen, bis man an der Theke seine Bestellung aufgibt und bezahlt und dann werden die bestellten Leckereien an den Tisch gebracht.
https://www.tartinebakery.com/san-franc ... ner-sunset
Es war alles sehr, sehr lecker, eines sogar überragend: das Schokocroissant.
Schaut Euch mal diese Schichten an! Wir waren uns einig, dass es das beste Croissant war, das wir jemals gegessen hatten. Es blieb nicht das einzige und alle waren gleich perfekt.
Das Restaurant-Angebot (Frühstück und Lunch, bis 21 Uhr kann man Bestellungen aufgeben) dreht sich ganz um das Brot und die breakfast pastries, Frühstücksgebäck und ein wenig Kuchen. Die morning buns waren genau so saulecker wie das Croissant.
Gekauft haben wir als erstes das Roggenbrot. Es ist ein Brot ganz ähnlich unseren Roggenvollkornbroten, hatte für unseren Geschmack aber etwas zu viel Süße. Wir haben es nach Anweisung erst am dritten Tag angeschnitten, da war es gut und wurde von Tag zu Tag besser. Hat aber nur noch zwei gehalten...
Später haben wir dann noch das Country Bread und das Haferbrot gekauft.
Das Landbrot... weckt Sehnsucht nach Frankreich...
und das ist die Krume:
Neid, purer Neid... Auch dieses Brot haben wir erst am nächsten Abend angeschnitten und es war auch nach zwei Tagen noch feucht und frisch.
Das Haferbrot (mit Haferflockenkochstück):
und die Krume
Leider auf meinem Handy-Foto nicht zu erkennen: der phantastische Glanz in den Poren, das habe in dieser Ausprägung noch nie vorher gesehen.
Beim Haferbrot schieden sich die Geister: aufgrund der hohen TA (knapp 200) war das Brot auch am nächsten Tag kaum zu schneiden und blieb bis zum Schluss etwas gnatschig, das Messer war ganz schön schmierig. Wir haben von allen Broten Stücke eingefroren, weil wir mehrere Sorten probieren wollten und siehe da, nach dem Auftauen war die Krume des Haferbrotes nicht mehr schmierig und extrem feucht, aber immer noch schwer zu schneiden. Wie soll man denn auch Löcher schneiden... Und dann fanden wir das Haferbrot auch ziemlich säurelastig, zumindest frisch.
Geschmeckt haben uns die Brote sehr gut, Tochter und Schwiedersohn werden sie auch wieder kaufen. Aber nur für Festtage, denn der Preis ist selbst für die sch...teuren San Francisco Verhältnisse "over the top": das Landbrot kostet 11,25 Dollar, das Haferbrot 11,75 Dollar, das Roggenbrot sogar 14,75 Dollar. Ich habe meine beiden Kids einmal zum Lunch dorthin eingeladen und habe mit zwei zusätzlichen Broten schlappe 130 Dollar bezahlt...
Fazit: für Hobbybrotbäcker eine tolle Erfahrung. Nicht nur die Brote waren von einer unglaublichen Qualität, auch alles Gebäck. Man darf aber nicht mit deutschen Erwartungen rangehen: die Brote sind nicht zum deutschen Vespern gedacht, ein Brot mit Butter und darauf eine Scheibe Wurst oder Käse kennt man dort nicht. Wäre bei der extrem löchrigen und elastischen Krume auch nicht möglich... Ein Sandwich macht man aus dem labbrigen Toastbrot...
Diese Art von Brot isst man entweder zum Essen (wie in Südeuropa) oder schneidet es am nächsten Tag auf, röstet es und macht daraus ein französisches Tartine, was wir mehrmals genossen haben. Wir sind selten auf so leckere, leichte, gesunde Art satt geworden, sogar mein Schwiegersohn. An den Broten merkt man, dass Chad Robertson die Liebe zum Brot und das Brotbacken während seiner Zeit in Frankreich entdeckt und gelernt hat.
Ich kenne in D und in F keine Bäckerei, die das gesamte Sortiment auf solch einem Qualitätsniveau anbietet. Chad Robertson hat mittlerweile die Bäckerei mit Restaurant in San Francisco sowie 4 Restaurants, die ja auch immer Verkaufsstellen für seine Backwaren sind, eine Bäckerei/Restaurant und ein weiteres Restaurants in Los Angeles und - man kann nur staunen - drei Niederlassungen in Seoul!!! Und bisher hat die Qualität nicht nachgelassen!!!
Ich bin ob des handwerklichen Niveaus dieser Brote ganz schön demütig geworden. Mit seinem Büchern und Videos werde ich mal ans Nachbacken gehen... Aber eins werde ich ganz gewiss machen: die TA reduzieren. Erstens haben wir nicht die tollen amerikanischen Weizenmehle, die Chad Robertson verarbeitet. Und zweitens bin ich keine Masochistin...
Wenn der Jetlag überwunden ist, werde ich anfangen. Mit einem Landbrot...