Petzi hat geschrieben:Also haben wir es heute erneut versucht. ... Ergebnis war für uns wirklich top. Das Brot ist schön aufgegangen und hat eine schöne Krume.
Gratulation! Solche Erfolgserlebnisse braucht man nach (vermeintlichen) Mißerfolgen
Petzi hat geschrieben:Wir bevorzugen sonst Vollkornbrote mit selbstgemahlenem Mehl (Roggen, Dinkel, etc, aber ohne Weizen, da der Kleine das nicht so gut verträgt). Würde man einen solchen Teig mit ähnlicher Konsistenz und Knetzeiten zubereiten? Diese Brote sind noch nie so schön aufgegangen (eigentlich kaum), wie das Brot heute. Wir hatten bislang aber auch nur 5 bis 10min geknetet.
Petzi, Vollkornbrote gehen nie so viel auf wie solche aus Auszugsmehl, manchmal gar nicht. Das ist ok, leider... Und reine Vollkornteige bzw. solche aus überwiegend Vollkorn benötigen deutlich mehr Wasser, 10 % mehr oder noch mehr, je nach Getreide und Mahlgrad. Die Randschichten des Getreidekorns, die ja im Vollkornmehl enthalten sind, schlucken deutlich mehr Wasser als der Mehlkern. Außerdem ist es von Vorteil, das Mehl und nur das Mehl mit einem Großteil des Wassers vorquellen zu lassen.
Zum Thema Weizensensitivität: da hilft es nicht, einfach Weizen durch Dinkel zu ersetzen. Modernen Dinkelsorten - auch aus Bioanbau - wurde Weizen eingekreuzt, sodaß diese Sorten bis zu 90 - 95 % Weizengene enthalten können. Damit hat man das Sensitivitätsproblem wieder zurück... Trotzdem dürfen sie sich noch Dinkel nennen. Und im normalen Handel - auch in Bioläden und -Supermärkten - bekommt man keine Angaben zur Dinkelsorte in der Tüte. Da hilft nur, bewußt Urdinkelsorten zu kaufen, z. B. Oberkulmer Rotkorn, die am häufigsten angebaute Urdinkelsorte in D oder auch Franckenkorn.
Petzi hat geschrieben:Offensichlich haben wir also bislang für die Assistent viel zu kurz geknetet und den Teig zu trocken gehalten. Das nehmen wir schon mal mit. Wir haben immer Angst, dass der zu flüssige Teig nach dem Stürzen aus dem Gärkörbchen auseinanderläuft.
Meine Knetzeiten mit der Assistent waren etwa 80 % bis doppelt so lange wie im Rezept angegeben.
ABER: das kann man nicht schematisch machen. Immer den Teig beobachten, bei Weizen- und Dinkelteigen Festertest machen. Der sagt am zuverlässigsten, ob er gut ausgeknetet ist. Und die Flüssigkeitsmenge hängt nicht vom Kneter - in Eurem Fall die Assistent - ab, sondern vom Rezept und dem verwendeten Mehl. Teige für reines Roggenbrot oder Brot aus überwiegend Roggen (ca 80 %) muss gar nicht geknetet, sondern nur gut und gründlich gemischt werden. Die im Roggen enthaltenen Pentosane verhindern den Aufbau eines Glutengerüstes und machen den Teig breiig, Profis sagen sogar schleimig. Da hilft langes Kneten nicht... Und Dinkel verträgt nur kurze Knetzeiten bei niedriger Geschwindigkeit, da kommt es schnell zum Überkneten. Und dann wird der schon schön aufgebaute stabile Teig plötzlich weich und breiig und dann ist es zu spät. Da muss man aufpassen.
Petzi hat geschrieben:Wir haben immer Angst, dass der zu flüssige Teig nach dem Stürzen aus dem Gärkörbchen auseinanderläuft. Daher haben wir auch heute von Hand noch etwas Mehl in den doch sehr weichen Teig geknetet. Macht Ihr das auch, oder ist die Angst unberechtigt?
LG
Petzi
Die Angst ist unberechtigt, wenn der Teig gut ausgeknetet ist, ein stabiles Glutengerüst aufgebaut hat und dann auch noch straff aufgearbeitet ist.
Und zum nachträglichen Einkneten von Mehl:
Nein. Grundsätzlich nicht. Niemals nicht. Weder zum Abschluss des Knetvorgangs und erst recht nicht nach der Stockgare.
Damit wird das Verhältnis der Zutaten verändert und das Teiggerüst zerstört!
Die richtige Vorgehensweise: bei der Teigbereitung ca. 5 - 8 % des abgemessenen Schüttwassers zurückhalten und wenn aus den einzelnen Zutaten ein Teig entstanden ist, schluckweise so viel Wasser zugeben, dass eine geschmeidige stabile Masse entsteht. Manchmal braucht es das ganze restliche Wasser oder sogar noch mehr und machmal gar nichts mehr. Hängt von vielen Faktoren ab: Temperatur von Raum und Zutaten, Luftfeuchtigkeit, Feuchtegehalt des Mehls........
Man nähert sich der richtigen TA an durch Weglassen oder Hinzufügen von Schüttflüssigkeit und nicht durch Einkneten von Mehl.
Und wenn es dann trotz aller Vorsicht mal zu weich geworden ist: da hilft z. B. S&F. Während der Stockgare 1 - 2 Mal gedehnt und gefaltet und der Teig bekommt mehr Stand. In so einem Fall ist das straffe Aufarbeiten umso wichtiger. Und wenn auch das nicht hilft: in der Kastenform backen. Geht immer, auch bei Teigen aus Auszugsmehl.
Zum Breitlaufen eines zu weichen Teiges beim Stürzen aus dem Gärkörbchen: passiert auch mir und allen anderen Hobbybrotbäckern hin und wieder. Keine Angst haben: nur durch solche Pannen lernt man! Dann isst man halt mal flache breite Scheiben, der Geschmack ist ja der gleiche. Ich habe mir so lange, bis ich den Teig gut beurteilen konnte, immer genau aufgeschrieben, wie unter welchen Umständen ich gearbeitet habe und mir dann diese Notizen genau angeschaut, wenn was schiefgegangen oder zu verbessern war. Dabei findet man häufig schon die Ursache(n), weshalb das Ergebnis nicht so war, wie man es haben wollte.
Breitlaufen der Teiglinge kann auch noch andere Ursachen haben, eine beliebte: Übergare...
Viel Spaß beim Brotbacken und gaaanz viel Erfolg - lasst Euch nicht durch Mißerfolge entmutigen!